Nachdem wir kurz entschlossen entschieden hatten doch über die Hardangervidda und den Rallarvegen zu fahren, mussten wir in Eidfjord noch ein paar Erledigungen machen, Tims Packtasche reparieren, Luft an der Tankstelle nachfüllen und dann ging es los.
Direkt zu Beginn radelten wir auf einer wunderschönen Tunnelumfahrung und haben uns mal wieder gefreut so einen tollen Blick auf den See zu haben und nicht wie alle Anderen gegen die dunkle Tunnelwand gucken zu müssen. Weiter ging es die Hauptstraße entlang immer den Berg rauf. Wir hielten zwischendurch an ein/zwei Rastplätzen, die wie immer super schick waren. Ungefähr auf der Hälfte unseres Anstieges eröffnete sich vor uns eine Art Canyon mit hohen Felswänden neben uns und Wassermassen unter uns. Die Tunnelumfahrung, die wir nehmen wollten war zwar abgesperrt, aber im Tal hatte uns der Tankwart erzählt man könne da trotzdem lang fahren und so haben wir kurzerhand den Zaun zur Seite geschoben und sind auf die „stengt“ Straße gefahren. Diese Tunnelumfahrung war meiner Meinung nach bisher die schönste. Der Weg war teilweise sehr zugewachsen, die Straße sah schon etwas von der Natur eingenommen aus und der Ausblick war wie immer wunderschön. Wir haben genau auf zwei riesige Wasserfälle und in das Tal geguckt.







Als wir gerade beschlossen hatten gleich Mittagspause zu machen standen wir vor einer abgesperrten Baustelle, die den Durchgang mit dem Rad versperrte… tja dumm gelaufen. Da es leider keinen direkten Weg wieder auf die Straße gab, mussten wir unsere Packtaschen abmachen, zusammen mit den Rädern über die Leitplanke heben und auf der Straße weiter fahren… alles nervig, wenn man Hunger hat.
Nach einer Mittagspause am Fluss ging es dann weiter den Berg rauf und wir haben das Verladen bzw. Entladen einer Ziegenherde beobachten können. Die Ziegen wurden in einem Transporter (durchschnittliche LKW Größe) geliefert und an der Weide rausgelassen. Wir dachten schon das wars an Ziegen und da kamen noch 4 weiter Schwünge aus dem LKW, das war schon verrückt. Der LKW hatte verschiedene Ebenen, die per Knopfdruck runter gefahren werden konnten und so wurden Abteil für Abteil über 100 Ziegen entlassen.

Fast am Gipfel unseres Anstiegs suchten wir uns dann ein Plätzchen zum Schlafen. Etwas abseits von der Hauptstraße war eine geeignete Fläche, die wir über die App Park4Night gefunden hatten. Wir hatten Aussicht über das Hochplateau „Hardangervidda“ und strahlend blauen Himmel mit Sonnenschein (nur der Wind war etwas kalt und die Mücken nervten). Tim machte noch einen kleinen Ausflug auf den nächsten Gipfel und ich machte es mir windgeschützt im Zelt bequem. Die heutigen 1300 hm fühlten sich schon gar nicht mehr so schlimm an wie vor einer Woche.
Am nächsten Morgen standen wir zwar früh auf, aber machten noch eine kleine Wanderung auf einen Gipfel nebenan, von dem man gut den Gletscher sehen konnte. Den Berg hoch ging es durch ganz schön mosiges Gelände und wir waren froh, dass es zur Zeit so trocken ist in Norwegen, sonst wäre es wahrscheinlich nicht möglich gewesen den Berg einfach querfeldein hochzustapfen.





Der Start unserer Radetappe ging schön bergab und man konnte die Ausläufer der Hochebene genießen. Auf halber Abfahrt gabs noch einen Kaffee mit super Ausblick und weiter ging es bergab nach Haugastol.
In Haugastol beginnt der Rallarvegen, ein Bahnarbeiterweg, der entlang der „Bergenbahn“ führt. Der Weg diente ursprünglich dem Bau der Bahnstrecke von Bergen nach Oslo und wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut. Heute wird er nur noch als Radweg (hauptsächlich von Mountainbikern), oder zu Wartungszwecken und von Anwohnern genutzt.
Rauf auf den Rallarvegen, und auf einmal teilten wir uns die Strecke mit Radfahrern statt Wohnmobilen. Der erste Teil des Weges war ein super entspannter Schotterweg, aber dennoch von wunderschöner Natur umgeben. Da wir ja erst Nachmittags in Haugastol gestartet waren und sowieso etwas schneller waren als geplant, suchten wir uns gegen 17 Uhr einen guten Schlafplatz. Wir fanden ein Plätzchen mit Bank direkt am See. Dann vollzogen wir das klassische Abendprogramm: Cabo oder Fantastische Reiche spielen, kochen, essen, Zelt aufbauen und einrichten, vllt noch mehr spielen und schlafen gehen.



Da wir etwas knapp bei Akku waren (sowohl auf den Handys, als auch den Powerbanks) beschlossen wir am nächsten Morgen direkt die komplette Strecke bis Flåm (å spricht man ähnlich zu einem o) zu fahren und dort auf einen Campingplatz zu gehen.
Morgens ging es noch 10 km bis Finse, da gab es glücklicherweise einen Bahnhof mit Toilette und eine Möglichkeit Wasser aufzufüllen. In Finse begann nun der kniffligere Teil des Rallarvegens. Die Straße wurde immer holpriger und wir beneideten die vollgefederten Mountainbikes, die wir am Tag zuvor noch etwas belächelt hatten. Hoch und runter über Kies, kleines Geröll, Steine und Schneefelder fuhren wir immer weiter in die Natur hinein. Der Teil des Weges, der etwas höher lag war besonders schön, mit Schneefeldern, überall kleinen Wasserfällen und Bächen und sogar einem halb zugefrorenen See.
Nach einer gemütlichen Pause in der Sonne, nach dem ca. 8ten Schneefeld, ging es dann endlich bergab. Auch hier war der Weg fordernd und so richtig schnell konnte man nicht fahren. Der Rallarvegen war auf jeden Fall super schön, aber mit einem Tourenrad und Gepäck muss ich das nicht nochmal haben, da sind die perfekt geteerten Pässe schon um einiges angenehmer.
Der Rallarvegen endete und wir mussten noch ein ganzes Stück runter bis nach Flam. Die Strecke war sehr steil und unser Hände taten schon bald weh vom ganzen Bremsen. Wir erlebten aber auch ein paar spannende Dinge auf der Abfahrt: Es gab eine Seilbahn mit der man (nur in einem Geschirr hängend) ganz nach unten sausen konnte, wir mussten uns durch eine Ziegenherde drängeln und haben einen sehr beeindruckend reißenden Fluss gesehen.





Endlich in Flåm angekommen waren wir dann etwas enttäuscht. Uns wurde zuvor erzählt, dass Flåm ein sehr schönes kleines Städtchen sei, aber es war super touristisch und winzig. Wir beschlossen dann also noch 10 km weiter zu fahren bis nach Aurland im nächsten Tal und dort auf den wesentlich günstigeren Campingplatz zu gehen.
Nach einer frischen Dusche, ruhigen Nacht und in sauberen Klamotten starteten wir dann unseren Pausentag. Für den Montag hatten wir uns nichts vorgenommen, außer Berichte schreiben, Fotos sortieren und einkaufen gehen. Es regnete den ganzen Tag, aber wir konnten uns immer gut unterstellen und waren super froh, nicht auf dem Rad zu sitzen. Aurland war ein nettes kleines Dörfchen. Für die zweite Nacht in Aurland haben wir uns eine kleine „Hytta“ auf dem Campingplatz gegönnt, in der wir den Abend trocken und mit leckerem Essen (endlich mal was mit viel Gemüse) verbrachten.
Am Dienstag ging es für uns dann wieder nach Flåm zurück, denn von hier hatten wir Nachmittags eine Fähre bis Barlestrand gebucht. In Flåm gibt es ein ganz gutes Museum zu der historischen Bergbahn, die von Flåm nach Myrdal führt. Ansonsten hauptsächlich Touristen-Shops, denn Flåm ist Anlegeplatz auf vielen Kreuzfahrtrouten durch Norwegen. An dem Dienstag stand auch ein riesiges Kreuzfahrtschiff im Hafen. Das Schiff war fast so groß wie der ganze Ort selbst, was beeindruckend und erschreckend zugleich war. Wir quatschten mit einem Schweizer vom Schiff, der über Last Minute Angebote schon seine 4te Kreuzfahrt in Folge machte. Nachmittags ging es dann mit einer vollen Fähre (ca. 300 Leute) von Flåm nach Barlestrand, wo wir dann (wieder im Regen) noch einige Kilometer fuhren bis zu einem geeigneten Schlafplatz.


Kompa, Bärbel 17. Juli 2023
Sehr spannend zu lesen, danke. Just gestern haben wir im WDR Fernsehen die Reisesendung Wunderschöne gesehen, genau über die Gegend, über die du heute berichtest.
Die Szenen zur Landschaft haben uns sehr beeindruckt. Die Seilabfahrt im Klettergeschirr runter zum Fjord haben sie auch gezeigt. Habt ihr euch auch den riesigen doppelten Wasserfall angesehen, der über eine fantastische Treppenbrücke zu besichtigen ist?
Ich glaube, wir reisen dort auch mal hin, aber etwas komfortabeler mit Wohnmobil. Diese Landschaft zu erradeln kommt für uns nicht mehr in Frage.
Liebe Grüße Bärbel
Elli 27. Juli 2023
Hey Bärbel,
ein bisschen spät meine Antwort, aber ja den haben wir auch gesehen bzw. wenn ich denke, dass es der ist, den du meinst.
Wir sind allerdings nur mit dem Fahrrad die Straße dran vorbei hoch gefahren und sind nicht runter gewandert, der Wasserfall war aber dennoch sehr groß.
Ohh ja macht das unbedingt, mit dem Wohnmobil ist es hier echt sehr entspannt zu reisen und wenn man nicht erst um 11 Uhr auf der Straße ist, dann entgeht man sogar dem Trubel.